Weitere Informationen zum Gemäldezyklus "Die Vier Jahreszeiten"
Mehr als vier Jahre dauerte es, für die späte Rückkehr des 1776 entstandenen vierteiligen Werkes einen vertretbaren Kaufpreis auszuhandeln. Noch 1997 in Mailänder Privatbesitz, wurden die Gemälde später von einer Bremer Galerie auf dem Kunstmarkt angeboten. Zunächst gab es Pläne, den Zyklus für die Ausstattung von Schloss Höchstädt zu erwerben. Dies ließ sich allerdings nicht verwirklichen.
Daraufhin konnte unter Federführung der Kunststiftung der Sparkasse Memmingen-Mindelheim deren Vorstand Adam Sieder nach langwierigen Verhandlungen ein stattliches Finanzpaket von 700.000 Euro schnüren und den Kaufvertrag abschließen. Möglich wurde dies nur durch eine konzertierte Aktion: Die kunsthistorische Bedeutung des in Memmingen geborenen und in Augsburg zu Ruhm gelangten Johann Heiss war ausschlaggebend für die großzügige Hilfe der Kulturstiftung der Länder in Berlin, der Bayerischen Landesstiftung in München, des Sparkassenverbandes Bayern und der Stadt Memmingen.
Zwei Ausstellungen zum Gesamtwerk von Johann Heiss, eine im Jahr 2001 in Memmingen, die andere, größere, 2002 in Friedrichshafen, rückten die Kunst dieses zu Unrecht ins Abseits geratenen Barockmalers in den Blickpunkt der Kunstgeschichte. Entscheidenden Anteil daran hat vor allem die reich bebilderte Monographie, die der Hannoveraner Kunsthistoriker Peter Königfeld 2001 unter dem Titel "Der Maler Johann Heiss" vorgelegt hat. Heiss wird darin als bedeutende künstlerische Kraft rehabilitiert, die lange im Schatten des berühmten Augsburgers Johann Heinrich Schönfeld stand.
Die 1676 datierten "Vier Jahreszeiten" gelten in der neueren Forschung als ein Hauptwerk des Künstlers. Nach dem Entstehungsjahr dürften sie noch seiner Memminger Zeit zuzuordnen sein. Zwar war Heiss nach den Lehrjahren bei den Memminger Malern Hans Konrad und Johann Sichelbein zwischen 1669 und 1676 mit der Ausstattung der Benediktinerabtei in Ochsenhausen beschäftigt, sein endgültiger Umzug nach Augsburg, wohin ihn die Aussicht auf mehr Aufträge lockte, erfolgte allerdings erst 1677. Das Memminger Bürgerrecht behielt Heiss, trotz des Erfolges und der Heirat in Augsburg, bis zu seinem Tode 1704.
Bemerkenswert bei dem als Fries knapp sechs Meter langen Gemäldezyklus sind nicht nur das repräsentative Format und die kompositorische Geschlossenheit, sondern vor allem der Erfindungsreichtum und die Gestaltungskraft, die der erst 36jährige Künstler hier an den Tag legt. Die Sujets werden in der Art von "Lebenden Bildern" in vielfältig ausgeführter Alltagsszenerie realisiert und sind doch gleichsam Bilderrätsel, die nur von einem klassisch gebildeten Rezipienten aufzuschlüsseln waren. Die einfühlsam differenzierte Farbskala und die trefflich beobachteten Motive verleihen dem Zyklus aber eine über die allegorisch-humanistische Aussage weit hinausführende, zeitlose Faszination.
Der Maler greift auf eine Allegorie der Jahreszeiten zurück, wie sie in Italien ihren Ursprung hat und wie Heiss sie während einer langen Reise über die Alpen kennen gelernt haben dürfte. Der Frühling zeigt ein Liebesfest, eine Art Erntefest der Sommer, im Herbst wird der Zeit gehuldigt und im Winter findet schließlich der Karneval statt. Mit seinen Bezügen und Traditionen ist dieser Vier-Jahreszeiten-Zyklus ein bemerkenswertes Dokument barocker Festkultur und gehört zweifelsfrei zu den bedeutendsten Gemäldezyklen der deutschen Malerei dieser Epoche.
Die Museumslandschaft in Süddeutschland erfährt durch den Memminger Neuzugang eine außerordentliche Bereicherung. In der "Heiss-Galerie" des aus gleicher Epoche stammenden "Hermansbau", der das Stadtmuseum beherbergt, präsentieren sich nun insgesamt zwölf großformatige Meisterwerke dieses schwäbischen Barockkünstlers